
Die Weißwurscht mit Steißtattoo streckt dem Betrachter kokett den Allerwertesten entgegen. Die Eisprinzessin mit rosa Tütü steckt verkehrt herum in einem Waffelhörnchen und sieht aus wie eine dicke Kugel Erdbeereis. Eine pralle Kaffeebohne kommt wie Hoss Cartwright in Bonanza mit Colt und Melone auf dem Kopf daher.
Für Julian Opitz (40) ist Zeichnen die pure Freude, und die geht nahtlos auf den Betrachter über. Seine Bilder sind mit ironischen Titeln ausgestattet. Sie zaubern beim Anblick ein Lächeln aufs Gesicht. Weil sie so ironisch, manchmal ein wenig skurril und immer mit liebevollen Details aufs Papier gebracht werden
Ideenreich und wortgewitzt
Wirklich sicher ist nichts vor Julian Opitz. Seine Antennen sind immer auf Empfang. Ein Notizbuch ist sein ständiger Begleiter. Vergisst er es, bereut er das. Mit feiner Beobachtung werden darin Ideen, Themen, aufgeschnappte Wörter und Gedanken gesammelt, um später als Zeichnung auf Papier zu landen. Erst mit Bleistift, dann mit Tusche, später coloriert und schließlich mit einer humoristischen Wortschöpfung versehen. „Vier bis acht Stunden dauert eine Zeichnung ab dem Zeitpunkt, in dem ich den Bleistift zum ersten Mal ansetze“, so der gebürtige Münchener, dem der Wortwitz und das Feingefühl mit jeder Silbe anzumerken ist. Aber das mit dem Dranbleiben, das gelingt nicht allzu oft. An bis zu zehn Zeichnungen arbeitet Julian Opitz meist parallel. „Man kann nicht jedes Zeitfenster für einen Arbeitsgang nutzen“. Fordert Söhnchen Jonas (3 ½) Papas Aufmerksamkeit, wird die Tusche erstmal weggepackt. „Wenn die verschmiert, gibt es kein Zurück mehr“. Arbeitsgänge mit Bleistift oder Colorieren gehen gerade noch so nebenbei, während der Nachwuchs zu Antworten auf die unzähligen Fragen drängt.

Arbeiten, wie ich das will
Und dann ist da noch der Job als Konzeptioner, zwar selbständig und mit freier Zeiteinteilung, aber die Aufträge wollen erledigt werden. Von den Zwängen einer Festanstellung hat sich Julian Opitz schon vor einigen Jahren gelöst. Seinen Job bei Werbe- und Kommunikationsagenturen mochte er. „Doch wenn man pflichtbewußt ist und nicht so großen Mut zur Lücke hat, dann kompensiert man das durch wahnsinnig viele Überstunden. Arbeit wird durch mehr Arbeit belohnt. Ich fühlte mich wie bei einer Flatrate-Buchung“. Heute übt er diesen Job in einer für ihn gesunden Weise aus. „Ich entscheide, wieviel ich mache, wieviel ich gebe. Jede Arbeit muss mit mir besprochen werden und dann liefere ich ab.“
Und so bleibt trotz allem Zeit für sein geliebtes Zeichnen. Darauf freut er sich täglich wie ein kleines Kind. Es ist für ihn die Belohnung nach getaner Arbeit. Dann ist er in seinem Element und rundum glücklich und zufrieden. Sein künstlerisches Talent vereint er mit feinem, hintergründigem Humor. Es entstehen Mischwesen aus Mensch, Tier und Gegenständen, gekonnt mit Mimik, Körperhaltung und Alltagskomik versehen. Der Betrachter weiß sofort was gemeint ist – und lächelt verzückt.
Vererbtes Talent und präzise Technik
Richtig gelernt hat er das nie. Eher wurde das Talent vererbt. Sein Vater, Heinz Birg (80), einst erfolgreicher Architekt, machte im Alter von 40 Jahren seine Begabung zum Beruf und wurde Zeichner und Maler. „Von ihm habe ich mir viel abgeschaut“, so Julian Opitz. Zum Beispiel die Technik der Kreuzschraffur. Dabei wird Linie für Linie parallel nebeneinander gesetzt, danach weitere parallele Linien kreuzend darüber gezeichnet. Dies erfordert höchste Präzision und Konzentration. Fehler lassen sich nicht korrigieren. Musikhören nebenbei geht gar nicht. Der Rhythmus bringt aus dem Zeichentakt. „Ich zeichne mit sehr feinen Mitteln. Oft geht es um 0,2 mm. Da macht es sogar einen Unterschied, ob man gerade ein- oder ausatmet. Musik würde mich dabei durcheinanderbringen. Dann lieber Hörbücher oder Podcasts, also Inhaltliches zur Unterhaltung nebenbei“.

Ironie und Ehrlichkeit
Julian Opitz zeichnet noch ganz klassisch. Das analoge Handwerk, das Charakteristisches und die Schönheit eines Makels zulässt, das ist es, was für ihn den Reiz des Zeichnens ausmacht. Apfel + Z am Computer und alles rückgängig machen, das ist nicht sein Ding. Es muss nicht immer alles perfekt sein, meint er – und ist es doch in seinen Bildern. Denn die Ehrlichkeit, das solide Handwerk, die Ironie und das Augenzwinkern spürt der Betrachter – und lächelt verzückt.
Noch 3 Fragen:
Sein Lieblingslokal in München: Das „Baal“ in der Maxvorstadt wegen der schönen Stimmung und der tollen Tapas.
Sein Lieblingsort in München: Das wuselige Univiertel und der menschenleere Nordteil des Englischen Gartens.
Lebensmotto: Solange man wenigstens noch über sich selbst lachen kann…
INFO: www.jompitz-illustration.de (im Shop gibt es Originale, Drucke, Kalender, Bierdeckel und mehr). Aktuelle Ausstellung: 12.3.-09.04.2022 „Transformationen“ im Neuhauser Trafo, Nymphenburger Str. 167, 80634 München (Mo-Fr 9-20, Sa/So 10-17 Uhr, Eintritt frei)