
Melanie Große (49) ist eine Künstlerin. Ihre Leidenschaft ist Kuchenbacken und das macht sie mit so einer Hingabe, dass jedes einzelne Stück ein wahres Kunstwerk ist – ein unwiderstehliches noch dazu. Ihre Hochzeitstorten sehen aus, als wären sie nicht von dieser Welt, mehrstöckig, mit Blüten und Früchten reich verziert und eigentlich viel zu schön, um angeschnitten zu werden.
Melanie Große ist aber auch eine Macherin, eine die zupackt, die Lösungen findet, statt Widrigkeiten zu viel Raum zu geben. Als Mutter von drei Kindern und Inhaberin der „Kuchenwerkstatt“ in der Schwabinger Herzogstraße geht es auch nicht anders.
Alles selbstgemacht
Ihr kleiner Laden ist ein Familienbetrieb. Tochter Emily (19) hilft stundenweise mit, genauso wie deren Freundin Helena, die zudem mit wunderschöner Schrift die Tafeln und das Fenster verziert. Ehemann Christoph (54) packt mit an, Sohn Elia (17) ebenso, und auch Melanie Großes langjährige Freundin Katja gehört mit zum Team. Um alles andere kümmert sich die Chefin selbst. Jeder ihrer Kuchen ist hausgemacht. Um die 60, manchmal 70 backt sie davon pro Woche. Die „Kuchenwerkstatt“ ist Donnerstag bis Sonntag geöffnet, und dann stehen die Leute oft Schlange. Zurecht! Zwischen Bratapfelkuchen mit Vanillepudding, karamellisierter Birnen-Mandel-Tarte, Käse-, Marmor- oder Eierlikör-Mohnkuchen fällt die Auswahl schwer! Wer sich nicht entscheiden kann, nimmt einfach die „Kuchen-Tapas“, vier, sechs oder acht kleine Stücke – von jedem etwas, das kommt gut an! Alle Kreationen stammen von Melanie Große, nur die Florentiner werden von einer Manufaktur angeliefert. Aber selbst die sind handgemacht. Jedes Stück ein Unikat.
Mutters und Großmutters Rezepte
Woher die Backideen sind? „Von meiner Mutter, und die wiederum hatte viele Rezepte von ihrer Mutter“, so die Unternehmerin, die zuvor schon mit einer kleinen libanesischen Tagesbar sowie einem Kuchen-Catering erfolgreich war. „Meine Mutter machte eine ganz eigene, fantastische Creme für Windbeutel. Die verwende ich für viele meiner Kuchen und Torten.“ Und die schmeckt einfach himmlisch, das können wir nur bestätigen! Aber die Feinbäckerin ist auch ständig auf der Suche nach neuen Ideen, liest gerne Rezepte, hat nie einen Stift zur Hand, merkt sich aber trotzdem das wesentliche und probiert dann aus, bis wieder ein neues Kunstwerk entstanden ist.
Hier schmeckt es am besten!
Zu Beginn des ersten Lockdowns verriet sie einige ihrer Rezepte auf Instagram. Das kam gut an. Doch die meisten sagten: „Bei dir schmeckt es einfach viel besser!“ Das freut Melanie Große, sie lächelt ihr bezauberndes Lächeln und ihre dunklen Augen strahlen dabei. Immer wieder überdenkt sie aber auch ihr Konzept. Stillstand gibt es bei ihr nicht, und deshalb plant sie, im kommenden Jahr etwas zu verändern. Dann können die Kundinnen und Kunden auf einer Top-10-Liste ihre Lieblingskuchen wählen. „Auf diese werde ich mich dann beschränken und zudem libanesische Tapas anbieten.“
Ein Herz für den Libanon
Kochen ist nämlich die zweite Leidenschaft von Melanie Große. Als Halb-Libanesin haben es ihr orientalische Speisen, der Duft von Gewürzen und Aromen wie aus 1001 Nacht besonders angetan. Doch spricht sie über den Libanon, klingt ihre Stimme traurig und bedrückt. Ihr Bruder, der selbst zwei gastronomische Betriebe in Beirut führt, ist von den Auswirkungen der Explosions-Katastrophe im August 2020 sehr betroffen. Kurzerhand schloss Melanie Große damals ihre „Kuchenwerkstatt“ und flog mit ihrer Tochter in die libanesische Hauptstadt, um zu helfen. „Heute sind die Zustände dort aber noch viel schlimmer. Damals gab es viele Hilfsprojekte und Spenden. Doch heute sind die Menschen dort sich selbst überlassen.“ Deshalb engagiert sie sich weiterhin mit viel Herzblut.

Liebevolles Sammelsurium
Viel Herz steckt auch in der Einrichtung der „Kuchenwerkstatt“. Auch deshalb kommen die Leute so gerne in die Herzogstraße 84. Dort finden sich viele Einzelstücke, erstanden in kleinen Antiquitäten-Läden und bei ebay. Industriemöbel mit Patina, Holzstühle, keiner wie der andere, Schraubgläser und eine Küchenwaage wie aus längst vergangener Zeit und vor allem Lampen, eine schöner wie die andere. „Meine Sammelleidenschaft ist die schlimmste“, so Melanie Große, „da muss ich mich manchmal bremsen. Aber bei schönen, alten Lampen werde ich halt einfach immer schwach“.
Ach, Frau Große, nicht nur wir finden Ihren Laden wunderschön und Ihre Kuchen einfach sensationell! Beides streichelt die Seele – und das tut gut, in hellen wie in trüben Tagen.
Noch drei Fragen:
Ihr Lieblingslokal in München: Das Mugolone in der Maillingerstraße. Vor allem, wenn es dort Tafelspitz gibt. Der ist einfach sensationell!
Ihr Lieblingsplatz in München: Der Platz vor der Ursulakirche. Wenn ich dort bin, geht mir das Herz auf.
Ihr Lebensmotto: Schritt für Schritt
INFO: Die Kuchenwerkstatt, Herzogstr. 84, 80796 München, Tel. 089-52031724, facebook/die Kuchenwerkstatt München, Instagram (die_kuchenwerkstatt), Do-So 12-17 Uhr